Krankheiten sind Anfragen.
Sie sind auch Aufgaben,
Auszeichnungen sogar.
Ernst Jünger
Der Rabbi, zu dem eine Mutter wegen ihres kranken Kindes kommt, gibt ihr Hoffnung:
"Menuchim, Mendels Sohn, wird gesund werden.
Der Schmerz wird ihn weise machen,
die Hässlichkeit gütig,
die Bitternis milde
und die Krankheit stark."
Joseph Roth, aus Hiob. Roman eines einfachen Mannes
Eine chronische Krankheit stellt trotz medizinischen Fortschritts eine große Herausforderung im Leben des Einzelnen dar. Dabei gibt es starke Unterschiede im Maß der Einschränkung, die die chronische Krankheit mit sich bringt. Manche Erkrankte sind weiterhin arbeitsfähig, andere schränkt ihre Erkrankung soweit ein, dass sie sich berenten lassen müssen. Bei wieder anderen sind die Einschränkungen so stark, dass sie auf Pflege angewiesen sind. In jedem Fall aber verändert eine chronische Krankheit das Leben meist einschneidend.
Chronisch Kranke werden aber vielfach mit der Bewältigung ihrer Situation allein gelassen. Sie bekommen zwar medizinische Hilfe, aber jeder, der sich mit der Materie befasst hat, weiß, dass diese Situation mehr erfordert. Ein Coaching für chronisch Kranke trägt diesem Umstand Rechnung und stellt eine wichtige Unterstützung dar. Vor allem Dingen ist die Form des Telefon-Coachings, wie ich es anbiete, hier sehr vorteilhaft, weil das Wegfallen von An- und Abreise Kräfte schont.
Die Situation des Chronisch-Krank-Seins bringt immer wieder neue Herausforderungen hervor, die mit Hilfe des Coachings leichter gemeistert werden können.
Solche Herausforderungen können sein:
Es ist sehr wichtig, solche Herausforderungen zu bewältigen, denn eine Nicht-Bewältigung kann Co-Morbiditäten, wie z. B. reaktive Depressionen fördern.
Ein Coaching hilft darüber hinaus bei dem sehr zentralen Thema, mich und meinen Umgang mit der Krankheit gut kennenzulernen und so ein Bewusstsein für bestimmte schwache Signale zu entwickeln, auf die ich achten muss, um Rückfälle zu vermeiden.
Im Coaching kann ich auch lernen, mich mit meiner Krankheit anzunehmen und die Grenzen zu akzeptieren, die sie mir setzt, mich mit diesen Grenzen auszusöhnen und darüber hinaus vielleicht zu entdecken, dass meine Schwäche auch neue Stärken hervorbringt. Anselm Grün, der bekannte Autor und Benediktiner-Mönch, sagt zu diesem Thema: „Nimm deine eigenen Grenzen an. Wer sich mit seiner eigenen Begrenztheit aussöhnt und liebevoll mit ihr umgeht, dessen Leben gelingt. Der erfährt Glück“. Dieses Aussöhnen mit den neu gesteckten Grenzen lässt uns unseren inneren Frieden wiederfinden.
Im Laufe einer chronischen Krankheit kann es immer wieder Punkte geben, wo wir mit unserem Schicksal hadern. Da ist es gut, einen verständnisvollen, mit der Thematik vertrauten Coach zu haben, der einen durch diese Phase begleitet und dabei unterstützt, das seelische Gleichgewicht wiederzuerlangen.
In einem solchen Coaching wird es aber immer auch darum gehen, den Blick immer wieder auch darauf zu lenken, wieviel Gesundes und Heiles, ja Heilsames an mir ist, wovon sich z. B. auch Gesunde eine Scheibe abschneiden können. Ressourcenbewusstsein zu pflegen ist hier besonders wichtig. Und noch darüber hinaus gilt: Ich bin so viel mehr als meine Krankheit.
Ein Coaching chronisch Kranker hat immer auch eine stark seelsorgerische bzw. spirituelle Komponente, die immanent ist. Es geht um die Auseinandersetzung mit dem Leiden und darum zu begreifen, dass Leiden Teil des menschlichen Lebens ist. Es ist der große Irrtum unserer Zeit, es abzuspalten und ausgrenzen zu wollen statt zu integrieren. Ja, Krankheit teilweise sogar als persönliches Versagen hinzustellen. Ein Betroffener meinte empört, treffend und sehr klug: „Deutschland ist im Umgang mit Krankheit und Trauer ein Entwicklungsland.“ Ich stimme ihm voll zu. Oft kommen Kranke – nach einer gewissen Anpassungsphase - ganz gut mit ihrer Krankheit zurecht, aber nicht so gut damit, wie mit ihnen umgegangen wird, wie sie von Gesunden und sogar von Ärzten gesehen werden. Statt Mitgefühl und Respekt und Ebenbürtigkeit erleben sie Herabsetzung und Entwürdigung. Ihnen wird ihr Kranksein zur Last gelegt, als persönliches Versagen hingestellt.
Krankheit und Schmerz führen uns natürlicherweise zum Überdenken des Lebens und können uns so zu sehr tiefen Einsichten bringen und so eine Dimension der Tiefe in unser Leben bringen, die dem „Gesunden“ und „Starken“ verschlossen bleibt. „Kranke und Schwache“, so schreibt auch Wilhelm Schmid, Philosoph und Autor, „sind sensibler als Gesunde und Starke. Eine Gesellschaft braucht dieses Potenzial an Sensibilität. Nur so gibt es die nötige Aufmerksamkeit für Dinge, die gesellschaftlich falsch laufen.“ So betrachtet verschwimmt die Grenze zwischen dem, was wir krank und gesund nennen. Ein Coaching für chronisch Kranke ist mit Sicherheit somit auch ein Raum, in dem die durch den schlechten, unangemessenen Umgang mit der Krankheit durch die „Gesellschaft“ geschlagenen Verletzungen heilen können.
Wenn ich meine Schwäche annehme, entwickelt sich eine Dimension des zutiefst Menschlichen und des Mitgefühls für mich selbst und spirituelles Verständnis, was eine große Bereicherung darstellt und als wahre Stärke aufgefasst werden kann.
Konfrontation mit Leiden wirft zwangsläufig auch die Frage nach dem Sinn auf. Wenn hier Antworten gefunden werden, dann ergibt sich eine ganz neue Situation, die dem einzelnen viel neue Kraft zu fließen lässt, ja vielleicht sogar eine neue Lebensaufgabe oder Perspektive erkennen lässt. Es kann sich ein ganz neues Selbstverständnis und eine neue Zielsetzung im Leben entwickeln, was einen neu motivieren kann.
Coach und Coachee können im Einzelfall auch sinnvolle Copingstategien entwickeln, die dem Coachee nicht nur helfen, sein Leben besser zu meistern, sondern es zu genießen und ihn eine bessere Lebensqualität erlangen lassen. Gemeinsam kann herausgefunden werden, welche neuen Formen der Teilhabe möglich sind. Das Coaching hilft dabei, die Chancen, die Stärken und Ressourcen, die sich auch aus einer Krankheit entwickeln können, bzw. immer noch da sind, zu erkennen, zu integrieren und zu nutzen und einzubringen.